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Welt aus den Fugen – Risikobild 2024


Vortrag von Generalmajor Dr. Peter Vorhofer, dem Direktor für Verteidigungspolitik und internationale Beziehungen im Verteidigungsministerium mit nachfolgender Diskussion. 

Linz, 14. März 2024; Zu dieser Veranstaltung hatten die beiden Partner, das Militärkommando Oberösterreich und die Stadt Linz ins Alte Rathaus geladen und rund 70 Gäste.

Auf dem Podium für die nachfolgende Diskussion saßen die Spitzen des oberösterreichischen „Sicherheits-Kleeblattes“, Landespolizeidirektor Andreas Pilsl, Landesrettungskommandant Reinhard Schmidt, Bundesfeuerwehrpräsident & Landesfeuerwehrkommandant Robert Mayer und Militärkommandant Brigadier Dieter Muhr, der die Veranstaltung moderierte. Vizebürgermeisterin Tina Blöchl begrüßte im Namen der Stadt Linz die 70 interessierten Gäste auf das Herzlichste.

Dieter Muhr einleitend: „Welt aus den Fugen. Die USA wollen nicht mehr alleine Weltpolizei sein. Russland will offen wieder Imperium sein. China hält sich für das neue Reich der Mitte. Indien, Pakistan und südamerikanische Länder wollen mehr mitreden. Die Welt ist dabei, sich multipolar auszurichten. An den tektonischen Linien der Geopolitik brechen Kriege aus, beispielsweise in der Ukraine. China droht Taiwan anzugreifen. Laufend finden Putsche in Afrika statt. Wir sehen unvermittelt ein Comeback von Großmachtpolitik und Blockbildungen. Die Welt gerät aus den Fugen. Europa und damit Österreich finden sich mittendrin in den Entwicklungen. Wie betrifft uns das als neutraler Kleinstaat? Auf welche neuen oder vielleicht doch wieder alten Logiken müssen wir uns einstellen? Welche Folgerungen ziehen daraus das Bundesheer und die Einsatzorganisationen in Oberösterreich? Das sind die Themen der Veranstaltung.“

Generalmajor Vorhofer wies darauf hin, dass viele der globalen internationalen Abkommen nicht mehr verlängert wurden und ausgelaufen sind. Dies wirkt sich global aus und führte dazu, dass die „Welt aus den Fugen“ geriet. Europa und mit dabei Österreich müssen sich demnach darauf einstellen und ein geopolitisch relevanter Akteur werden. Sonst besteht die Gefahr, dass Europa geopolitisch gesehen, „Beute der anderen werden könnte“. Europa muss zusätzlich zum bestehenden wirtschaftspolitischen und menschenrechtlichen Anspruch die militärische und diplomatische Komponente weiter ausbauen.

Dieter Muhr fragte Peter Vorhofer, ob er eine Mobilmachung Russlands nach der Präsidentenwahl für wahrscheinlich hielte. Vorhofer sieht dies nicht, weil das für Russland innerstaatlich eine ganz andere gesetzliche Grundlage verlangen würde. Russland setze vielmehr auf eine Ermattungsstrategie gegenüber der Ukraine. Wie es mit der westlichen Unterstützung für die Ukraine weitergehe, wird auch vom Wahlausgang in den USA abhängen. Das könnte sich noch dazu auf die NATO auswirken.

Der hybride Krieg gegen den Westen mit der Ausprägung eines „Information Warfare“ würde Europa bereits betreffen. Landespolizeipräsident Andreas Pilsl betonte dazu, dass eine verstärkte Aufmerksamkeit gegenüber nachrichtendienstlichen Aktivitäten in Österreich erforderlich ist. Er forderte erneut eine rechtliche Grundlage für die Polizei zur Überwachung von Messenger-Diensten. 

„Wir müssen uns bewusst sein, dass Putin und Russland anders denken als wir in Europa“, meinte Vorhofer. Bestrebungen der Europäischen Union, sich unabhängig von den russischen Bodenschätzen zu machen, kann die russische Seite nicht gutheißen und wird als eine Bedrohung empfunden. Die Sanktionen des Westens zeigen in Russland nicht den erhofften Erfolg. Andere Staaten springen ein und unterlaufen die Sanktionen. 

Für Vorhofer sind in der Welt neue Machtzentren entstanden, China, Indien, die Türkei, Brasilien, beispielsweise. Der viele Jahre lang dominierende Ost-West-Konflikt wird durch einen Konflikt des Globalen Südens gegenüber dem Norden abgelöst. Wenn Russland sich gegen die Ukraine durchsetzt, würde das zu einer Hinwendung des Südens an Russlands führen.

Landesrettungskommandant Reinhard Schmidt ging auf das Engagement des Roten Kreuzes bei der humanitären Hilfe, beim Suchdienst, bei Gefangenenbesuchen und auf die Angriffe gegen das Schutzzeichenim Ukraine-Krieg ein. Das Rote Kreuz agiert im Rahmen seiner völkerrechtlichen Verantwortung. Vermittlungstätigkeiten können nur mit der erforderlichen Neutralität und Unabhängigkeit bewerkstelligt werden. 

Landesfeuerwehrkommandant Robert Mayer wies darauf hin, dass sich die Feuerwehr auch mit möglichen Auswirkungen von Kriegsszenarien bzw. ihren Nebenschauplätzen beschäftigt. Konkret sind dabei die Kommunikations- und die Informationstechnologien gemeint, die daher entsprechend sicher, redundant und autark aufgestellt sein müssen. Weitere Themen sind genauso das zusätzliche Risiko für die Feuerwehren im Einsatz, die aufgrund von möglichen Gewaltakten, Protesten oder ähnlichen Szenarien ihren Auslöser finden können. Insgesamt können mögliche Einflüsse auf unsere Organisation durchaus vielseitig sein, nicht nur auf den Einsatz beschränkt, sondern insbesondere auf dem Hintergrund als Teil der kritischen Infrastruktur.

Für Vorhofer ist es klar, dass Europa rasch geopolitisch in die Gänge kommen muss. Ukraine, Gaza-Streifen, Rotes Meer sind Regionen, welche das Augenmerk Europas auf sich ziehen sollten. Die USA werden sich auf den pazifischen Raum gegenüber China konzentrieren. Für Europa wäre es dringend geboten, bei den militärischen Innovationen nicht weiter zurückzufallen. 

Europa und unsere Lebensweise zu sichern, sei nicht nur eine militärische Aufgabe, sondern auch eine geistige Bereitschaft, betonte der Generalmajor. Die Forderung nach Resilienz, also einer robusten Durchhaltefähigkeit, für die Wirtschaft im Hinblick auf Zugang zu Ressourcen und Abhängigkeit von Lieferketten ist sehr berechtigt. Europa muss ihre vier Faktoren Diplomatie, Militär, Wirtschaft und Informationsüberlegenheit weiter ausbauen. 

Militärkommandant Dieter Muhr fasst zusammen. Wir stellen fest, dass die Welt ist aus den Fugen geraten ist und sich das auch auf Österreich auswirkt. Wir müssen uns auf unruhige Zeiten einstellen. Österreich setzt einen Aufbauplan für das Bundesheer um. Wir haben gehört, dass sich die Einsatzorganisationen mit ihrem Personal und ihrem Gerät auch auf hybride Szenarien einstellen.

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