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Risikobild 2025 – Gewählt! Demokratie und die freie Welt 

Am Montag, den 27. Jänner 2025, präsentierte das Bundesministerium für Landesverteidigung die Publikation „Risikobild 2025 – Gewählt! Demokratie und die freie Welt“. Die diesjährige Publikation konzentriert sich auf zehn Hauptbedrohungen: Unter anderem auf die Erosion der regelbasierten Weltordnung, die Folgen des Superwahljahres 2024 und den damit verbundenen Auswirkungen auf demokratische Staaten und die internationale Ordnung. Weitere Themen sind der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, der Nahostkonflikt, Desinformation und ausländische Informationsoperationen. Im Risikobild 2025 werden die Kernaussagen über die allgemeine Sicherheitslage formuliert, die insbesondere für Österreich von Bedeutung sind.

Hier geht es zur Publikation: https://www.bmlv.gv.at/wissen-forschung/publikationen/publikation.php?id=1224

Rotary Club Wels Burg – Vortrag und Diskussion Risikobild 2025
Der Militärkommandant Brigadier Dieter Muhr hat am 28. Jänner 2025 abends einen Vortrag beim Rotary Club Wels Burg zu geopolitischen Lage am Beginn des Neuen Jahres gehalten. Er hat sich dabei an den Kernaussagen des Risikobildes 2025 orientiert, die er aus den einzelnen Beiträgen nach Themen zusammengefasst hat. Nachfolgend die Kernaussagen als Hypothesensammlung zur Diskussion.

Risikobild 2025
Kernaussagen als Hypothesensammlung (schlagwortartig, auszugsartig zusammengefasst)

Die Welt
• Der Machtkampf zwischen den USA und China bestimmt die geopolitische Landschaft der Welt.
• Rüstungskontrollverträge zwischen den seinerzeitigen Großmächten wurden ausgesetzt oder gekündigt. Keine neuen Abkommen mehr.
• Globale Wirtschaft muss strategische Ressourcen sichern, nachhaltige Industrien fördern und Wettbewerbsfähigkeit stärken.
• Die Klimakrise belastet Gesellschaften, gefährdet Menschenleben, verursacht wirtschaftliche Schäden und zeitigt globale Auswirkungen.
• Die Globalisierung hat Wohlstand geschaffen, aber auch politische Risiken durch einseitige Abhängigkeiten erzeugt.
• Autokratien und instabile Staaten nutzen wirtschaftliche Verflechtungen gezielt als geopolitisches Druckmittel.
• Klimawandel und Migration werden zunehmend Sicherheitsrisiko.
• Teile der Gesellschaft sind in ihrer Ablehnung gegen das politische Establishment bereit, Fakten zu ignorieren und Halbwahrheiten oder Lügen zu akzeptieren.

Europa und NATO
• Der Krieg in der Ukraine bleibt zentrale Bedrohung Europas. Eskalation hätte große Folgen.
• Jede Eskalation im Nahen Osten gefährdet Stabilität und Sicherheit in Europa.
• Migrationsbewegungen bleiben Herausforderungen, auch für Österreich.
• USA ziehen sich aus europäischen Sicherheit zurück. Die gemeinsame europäische Verteidigung läuft über die NATO.
• Deutschland und Frankreich übernehmen keine Führungsrolle. Demgegenüber werden Nationen in Ost- und Nordeuropa immer wichtiger.
• Konzepte wie eine eigene europäische Armee oder eine gemeinsame nukleare Bewaffnung sind schwierig umzusetzen.
• Die Europawahlen haben trotz einer schwierigen geopolitischen Lage einschließlich russischer Einmischung institutionelle Stabilität für die EU gebracht.
• Der politische Spielraum der EU-Kommission mit der Administration „von der Leyen II“ für neue Initiativen wird als begrenzt beurteilt.
• Die ehemals neutralen Staaten Finnland und Schweden sind der NATO beigetreten. Als Neutrale und Bündnisfreie bleiben Irland, Malta, Österreich und Zypern.

USA
• Donald Trump als neuer US-Präsident verfügt über republikanische Mehrheit im Kongress und dem Obersten Gerichtshof. Ist somit einer der mächtigsten amerikanischen Präsidenten in der Geschichte. Seine Prioritäten liegen auf der Loyalität zu seiner Person und gegenüber seiner Agenda.
• Beendigung Kriege in der Ukraine und dem Nahen und Mittleren Osten haben für Trump Priorität.
• USA geprägt von polarisierten Innenpolitik und widersprüchlicher Außenpolitik.
• Neue US-Administration bringt entschlossene Ukraine-Politik. Richtung und Ergebnisse sind noch offen.

China
• China verfolgt Doppelstrategie, global verantwortungsbewusst, regional machtorientiert.
• China bleibt technologisch und wirtschaftlich im Wettbewerb mit den USA. Starke Position im Bereich Künstliche Intelligenz und Forschung.
• Taiwan bleibt für China strategisches Ziel. Eine Neutralität Europas in einem möglichen Konfliktfall USA-China ist nahezu undenkbar.
• Die Weltwirtschaft in industrieller Rezession. Europa stark betroffen. China baut Produktion aus.
• China: Subventionen entlang Wertschöpfungskette ermöglichen Marktbeherrschung durch Dumpingpreise und risikofreies internationales Agieren.
• Aggressive Ausweitung Chinas in Schlüsselindustrien wie Elektrofahrzeuge und grüne Technologien. Herausforderung für europäischen Industrie.

Indien
• Indien hat strategische Autonomie, was ihm ermöglicht, Partnerschaften sowohl mit dem Westen als auch mit Gegnern des Westens aufzubauen und die Beziehungen zum Globalen Süden zu stärken.

Russland-Ukraine
• Wladimir Putin wurde 2024 in manipulierten Wahlen zum fünften Mal Präsident und bleibt mangels Alternativen unumstritten.
• Russlands Wirtschaft wächst 2024 dank massiver Rüstungsausgaben um 3,9 %, leidet jedoch unter Inflation und Arbeitskräftemangel.
• Russland und die Ukraine verfügen über militärische Reserven, um den Krieg 2025 weiterzuführen. Waffenstillstand Ukraine-Russland 2025 dennoch denkbar.
• Trotz Drohungen seitens Russland ist die Gefahr eines Einsatzes von Nuklearwaffen eher gering. Eskalation aufgrund etablierter Krisenkommunikation zwischen den Mächten stark minimiert.

BRICS-Staaten
• Die BRICS-Staaten repräsentieren mittlerweile die Hälfte Weltbevölkerung und ein Viertel des globalen BIP. Viele BRICS-Staaten suchen nach verlässlichen und effektiven Partnerschaften auf allen Seiten.

Balkan
• Der Westbalkan ist zunehmend Schauplatz konkurrierender Interessen von EU, USA, Russland, China und der Türkei, die mit politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Engagement um Einfluss ringen.

Israel
• Israel reduzierte erhebliche militärische Fähigkeiten von Hamas, Hisbollah und dem Iran. Israel hat Pufferzone zu Syrien etabliert. Eine umfassende Sicherheitslösung in der Region bleibt offen. Friedensverträge Israels mit Ägypten und Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko halten.

Türkei
• Nach dem Wahlsieg 2023 bleibt Erdoğans Politik auf die NATO-Mitgliedschaft, dem geopolitischen Gleichgewicht mit Russland und Konflikte im Nahen Osten ausgerichtet.
• Der türkische Einfluss stellt eine Herausforderung für die Golfstaaten dar. Die türkischen Operationen in Syrien belasten die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei.

Golf-Region
• Arabische Golfstaaten werden mit Russland und China weiter zusammenarbeiten. Eine israelisch-iranische Eskalation wollen die arabischen Golfstaaten nicht.
• Die Wiederaufnahme des iranischen Nuklearprogramms sowie Drohungen gegen die maritime Sicherheit in der Region könnten zu Eskalationen führen.
• Die Angriffe der Houthi-Miliz auf Containerschiffe im Roten Meer machen das Horn von Afrika zum Nadelöhr der Weltwirtschaft.

Afrika
• Die Instabilität in der Sahelzone und anderen afrikanischen Regionen fördert unkontrollierte Migrationsbewegungen und die Ausbreitung extremistischer Ideologien.
• Trotz intensiver Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten und nordafrikanischen Ländern bleibt die Bekämpfung der Schlepperei eine große Herausforderung.

Österreich
• Der Fokus der neuen österreichischen Sicherheitsstrategie liegt auf präventiven Maßnahmen und der Stärkung der gesamtstaatlichen und gesamtgesellschaftlichen Resilienz.
• In Österreich muss das System der umfassenden Landesverteidigung in seinen militärischen, geistigen, zivilen und wirtschaftlichen Dimensionen weiterentwickelt werden.
• Das Bundesheer stellt die Verteidigungsfähigkeit wieder her, mit dem Ziel, militärische Angriffe auf Österreich abzuwehren.
• Eine Stärkung der kritischen Denkfähigkeit wird notwendig sein, um eine gesellschaftliche digitale Resilienz zu erzeugen. Die Bedeutung der geistigen Landesverteidigung ist groß.