“Mit dem Kopf durch die Wand, geht halt nicht.”

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Robert Mayer wurde am 4. Juni 2022 zum neuen Präsidenten des Bundesfeuerwehrverbandes gewählt, dem höchsten Feuerwehramt Österreichs. Seitdem ist Robert Mayer gleichzeitig Feuerwehrkommandant von Oberösterreich und Präsident für ganz Österreich. Wir haben mit ihm bei einem Sommerbesuch in Hörsching über seine Beweggründe, seine Ziele für das Feuerwehrwesen und sein Verhältnis zum Bundesheer in Oberösterreich gesprochen.

Welche Aufgaben hat der Präsident des Bundesfeuerwehrverbandes?

Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, die Interessen, Fachthemen und Anforderungen der neun Bundesländer zusammenzuführen. Da geht es darum, dass sich die Landesfeuerwehrkommandanten auf eine gemeinsame österreichische Linie verständigen, die es dann zu vertreten bzw. umzusetzen gilt. Es gilt auch das Netzwerk auf Bundesebene mit unseren Partnern zu pflegen, aber auch internationale Beziehungen. Die Abwicklung von Veranstaltungen und viele repräsentative Begegnungen stehen im Aufgabenportfolio.

Welche sind seine Hauptansprechpartner auf Bundesebene?

Das Feuerwehrwesen ist und bleibt in der Hoheit der Bundesländer. Als Bundesfeuerwehrverband versuchen wir, unsere gemeinsamen Standpunkte und Interessen in die Ministerien zu tragen. Als Präsident bin ich auch eine Schnittstelle zur Bundespolitik. Das ist wirklich kein triviales Thema, nachdem es kein Feuerwehrministerium gibt. Das engste Verhältnis besteht mit dem Innenministerium, nachdem dort der staatliche Katastrophenschutz angesiedelt ist. Dorthin haben wir die meisten Anknüpfungspunkte. Neben den Ministerien sind es aber auch andere Stellen bzw. die Einsatzorganisationen uam., mit denen wir seitens des Bundesfeuerwehrverbandes Kontakt halten.

Welche gemeinsamen Bundesfeuerwehrthemen sind das?

Ich sage immer, das Feuer brennt am Bodensee nicht anders, als am Neusiedlersee.
Was ich damit meine, ist, dass viele es gemeinsame Themen gibt, die alle betreffen.
Es sind dies die Bereiche Beschaffung, Ausstattung, Uniformierung, Ausbildung,
Einsatz, Freiwilligenmanagement und so weiter. Es gibt auch viele rechtliche
Themen, Finanzierungsfragen, oder Taktik. Da können wir gemeinsam viel
weiterbringen.

Wer bearbeitet diese gemeinsamen Themen?

Hinter dem Bundesfeuerwehrverband verbirgt sich eine Struktur, auf die ich
zurückgreifen kann. Sie besteht aus Fachausschüssen, Referaten mit
darunterliegenden Sachgebieten. Die Expertinnen und Experten, die in den
Sachgebieten arbeiten, werden aus den einzelnen Bundesländern geschickt und sind
tlw. auch international besetzt.

In welchen Sachgebieten engagiert sich Oberösterreich besonders?

OÖ stellt über 60 Personen in den verschiedenen Gremien. Da gibt es beispielsweise
das Sachgebiet Einsatz, wo mein Stellvertreter in Oberösterreich, Michael Hutterer,
den Vorsitz hat. Ein Thema darin ist bspw.die E-Mobilität.  Dazu stehen wir in Kontakt

mit den Betroffenen der Autoindustrie bis hin zum Entsorger. Im Sachgebiet werden
Unterlagen, Informationen, Ausbildungsvorgaben ausgearbeitet und Netzwerke
gebildet, um unsere Expertise zu verdichten. In einem anderen Bereich sind wir beim
Thema Einsatzfahrzeuge drinnen. Dort hat unser Landesfeuerwehrinspektor Karl
Kraml den Vorsitz oder auch im Bereich Dienst- und Einsatzbekleidung, wo Markus
Reitbauer von der BF Linz den Vorsitz inne hat.

Wie mächtig ist der Präsident wirklich?

Wie gesagt, die gesetzliche Grundlage der Feuerwehren liegt in den Ländern. Jeder
Landesfeuerwehrverband ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Dieser Rechtsstatus bildet die rechtliche Grundlage und den kann und werde ich nicht übergehen. Der Bundesfeuerwehrverband ist ein Verein mit umfassendem Statutenwerk, der klare Aufgaben bei der Koordinierung in der österreichweiten Interessenvertretung der Feuerwehren übernimmt. Es ist klar, dass es in diesem Sinne keinen Bundesfeuerwehrkommandanten gibt, weil er den anderen Körperschaften gegenüber keine Befehlsgewalt hat. Nachdem aber jedes Bundesland im Verein mitorganisiert ist, hat das Wort eines Präsidenten schon Einiges an Gewicht.

Hat das Auswirkungen auf Ihre Arbeitsweise?

Für mich folgt aus diesen Rahmenbedingungen heraus, dass es ein konsensorientiertes Arbeiten ist. Es ist immer wesentlich, die gemeinsamen Nenner bei Zielen und Wegen zu identifizieren, auf einem Konsens aufzubauen und diese Kraft für diverse Aufgaben und Vorhaben einzusetzen. Grundsätzlich sehe ich mich als Reformer, das habe ich schon mehrfach in OÖ bewiesen. Wenngleich es Dinge gibt, die wir bewahren müssen. Bewahrer ist zwar oftmals negativ besetzt, aber es gibt viele Dinge, die gut laufen, die wichtig sind, die möchte ich bewahren. Die strategischen Themen stimme ich mit den Landeskommandanten ab und die operativen Themen werden in den Referaten und Sachgebieten abgearbeitet. Gemeinsamkeit ist überall und auf allen Ebenen immer wichtig.

War Ihr Konsensprinzip ein Mitgrund für Ihre Wahl?

Aufgrund meiner Initiative hatten wir Kandidaten die Gelegenheit, sich vorher vorzustellen und die Ziele und Arbeitsweise zu beschreiben. In meinem Schreiben an die Delegierten habe ich klar formuliert, wer ich bin und wofür ich stehe. Der gemeinsame Weg ist der Schlüssel zum Erfolg. Ich bin schon viele Jahre im Bundesfeuerwehrverband tätig und habe meine Erfahrungen gemacht. Ich bin der festen Überzeugung, dass es nur gemeinsam geht. Konsens ist wichtig. Konflikt heißt, dass was überbleibt, was uns dann nicht weiterhilft. Konsens führt in die gemeinsame Richtung, der Konflikt nicht. Selbst, wenn Vieles in Landesgesetzen geregelt ist, gibt es doch Themen die gemeinsam gehen. Und da hindert uns niemand, sie aufzugreifen. Ich habe diesen Weg in meinem Schreiben vor der Wahl als Feuerwehr Österreich bezeichnet. Zum Erreichen unserer Ziele braucht es auch
Netzwerke, Unterstützer und Partner und dazu ist ein beidseitiger Kontakt auf
Augenhöhe wichtig. All das und die Bedeutung die Erdung zur Basis nicht zu
verlieren, waren einige wesentliche Punkte.

Welche sind die nächsten Ziele, welche umgesetzt werden sollen?

Die Ziele werden in den großen Blöcken Personal und Ausbildung, Einsatz und Prävention, technische Entwicklungen und Finanzierung umgesetzt. Die großen Treiber sind die Einsatzszenarien und die technologischen Entwicklungen. Die Einsatzszenarien liegen auf dem Tisch. Trockenheit beispielsweise. Mitbegleitend dabei sind Starkregen, Hagel und Sturm. Das alles sind regionale Ereignisse, die in ihrer Dimensionen nicht mehr zu unterschätzen sind. Wir subsummieren das alles unter dem Titel Klimawandel. Ein weiteres Einsatzszenario ist das Blackout. Falls es eintritt, trifft es uns massiv. Wir haben viele Ehrenamtliche, die dann vielleicht für Einsatzaufgaben nur eingeschränkt zur Verfügung stehen könnten. Beim Einsatzszenario Brände ist es so, dass sie statistisch zunehmen und gleichzeitig komplexer werden. Das Löschen geht noch mit Wasser, aber die Taktik ist in starker Veränderung. Der andere Treiber sind die Veränderungen an der technischen Front. Diese Dynamik darf man nicht unterschätzen. Beispielsweise bei E-Mobilität und bei sich verändernde Antriebstechniken. Wir müssen vermehrt mit Wasserstoff rechnen, mit Akkus, mit Gas. Und wir werden diese Antriebstechniken für unsere Bereiche nützen müssen.

Wann und wie ist Ihr Entschluss gereift, für diese Aufgabe zu kandidieren?

Der Entschluss ist dann wirklich gereift, als mich andere, die mich schon lange
kennen, dazu motiviert haben. Auf allen Ebenen, ob in Oberösterreich oder anderen
Bundesländern, habe ich große Unterstützung erfahren. Nach meiner Wahl habe ich
wahnsinnig viel positive Resonanz erhalten. Viele haben eine große Freude mit
meiner Wahl und haben mir Unterstützung zugesichert.

Wie sieht die Familie das?

Meine Frau hat miterlebt, wie sich mein Leben verändert hat. Ich bin seit 1999 in
Führungsverantwortungen bei der Feuerwehr engagiert, auch als Kommandant.
Meine Zeit als Bezirksfeuerwehrkommandant von Vöcklabruck war schon sehr
intensiv. Im Laufe der Jahre habe ich mein Leben auf die Feuerwehr konzentriert.
Meine Frau und meine Familie sind mit hineingewachsen und irgendwann vom
Feuerwehrvirus infiziert worden. Das ist natürlich nicht immer ganz friktionsfrei
erfolgt. Es geht viel Zeit drauf und oft geht man der Familie ab. Da ist es wichtig, die
richtige Balance zu finden. Sie weisen mich darauf hin, dass ich zu Hause sein soll,
wenn es wieder einmal zuviel wird. Die Familie ist ein Rückzugweg, der wichtig ist,
sonst kann man so eine Funktion nicht machen. Meine Familie ist jedenfalls stolz
darauf, das kann ich sagen. Sie tragen es super mit, wofür ich unendlich dankbar bin.

Wie verhindern Sie, dass Sie nun zu wenig Zeit für Oberösterreich haben?

Das ist so zu organisieren, wie mit der Familie. Die Frage muss man sich stellen, wie man im eigenen Bundesland aufgestellt ist. Mein Stellvertreter Michael Hutterer und der Landesfeuerwehrinspektor Karl Kraml standen hinter meiner Kandidatur. Man muss sich mit denjenigen, mit denen man zusammenarbeitet, über solche Entscheidungen abstimmen. Bei einer eigenen Klausur habe ich mit Michael und Karl und den Bezirksfeuerwehrkommandanten über meine zusätzliche Aufgabe gesprochen. Wenn das nicht akkordiert ist, dann geht das nicht. Und ich kannn auf die Unterstützung der anderen zählen. Körperlich befinde ich mich die meiste Zeit in Linz. Einen Tag pro Woche bin ich in Wien und komme meinen Aufgaben als Präsident vor Ort nach. Der Rest läuft über die Digitalisierung, sprich das Internet und das Telefon. Allerdings wäre man blauäugig, wenn man behauptet, man hätte die gleiche Zeit. Jedenfalls sind die Themen auf Bundesebene oftmals die gleichen, wie in Oberösterreich. Ich setze mich mit den Themen auseinander, muss sie nur österreichweit mitdenken. Die Wahrnehmung von internationalen Kontakten, Repräsentationen beispielsweise, kommen natürlich dazu.

Wie charakterisiert sich das Feuerwehrwesen in Oberösterreich gegenüber anderen?

Ein Vergleich ist schwierig. Jeder hat andere Möglichkeiten der Gestaltung, andere personelle Ressourcen, finanzielle Möglichkeiten, Rahmenbedingungen, und nicht alle Strukturen sind gleich. Im Wesentlichen sind alle annähernd gleich. Oberösterreich hat seine Plus und Minus und steht sehr gut da. Wir entwickeln uns gut weiter. Die oberösterreichische Tradition des gemeinsamen Vorgehens, setzt sich in der Feuerwehr genauso fort. Mit allen Kommandanten kann man gut reden und kommt gut aus. Darauf legen wir auch einen großen Wert. Mit dem Kopf durch die Wand, geht halt nicht. So manche wichtige Entscheidungsfindung kann bei uns länger dauern, weil man es sich ausredet. Aber wenn es darauf ankommt, im Einsatzgeschehen beispielsweise, da rennt dann alles wie am Schnürchen.

Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen Feuerwehr und Bundesheer in Oberösterreich?

In Oberösterreich haben wir ein besonders gutes Verhältnis zwischen Bundesheer und Feuerwehr. Es gibt viele gute Berührungspunkte. Wir sehen uns nicht als direkte Konkurrenten, weil wir unterschiedliche Aufgaben haben. Zur Hubschrauberstaffel in Hörsching pflegen wir wegen dem Waldbrandthema intensivere Verbindungen. In Oberösterreich sehe ich das Verhältnis sehr, sehr gut. So soll es auch bleiben. Hier möchte ich insbesondere das persönlich sehr gute Miteinander mit dem Militärkommandanten Dieter Muhr erwähnen. Diese gute Zusammenarbeit setzt sich auch auf weiteren Führungsebenen von Bundesheer und Feuerwehr fort, worüber ich mich sehr freue.