Für den Befehlsbereich 4 OBERÖSTERREICH

Was Musik in uns auslöst

Das Konzert der Militärmusik Oberösterreich im Brucknerhaus wird das Motto Discessum, also Aufbruch, haben. Frau Mag. Nora Preinfalk ist Psychologin beim Bundesheer in Oberösterreich und erklärt uns, was Musik in uns auslösen kann.

Spielen Sie ein Instrument?

Ein paar Weihnachtslieder auf der Blockflöte und ein paar Gitarrenakkorde zur Begleitung. Ein Musikinstrument spielen können würde ich das keinesfalls nennen. Ich würde aber gerne ein Instrument passabel spielen können und habe es mir auch vorgenommen. Die Frage ist derzeit eher, welches Instrument es sein soll.

Warum hören wir gerne Musik?

Musik löst etwas in Lebewesen aus. Musik ist Schwingung, wie letztendlich alles im Leben Schwingung ist. Schwingung ist Rhythmus. Man sagt, selbst die Erde hat eine eigene Schwingung, einen bestimmten Rhythmus.
Auch wir Menschen selbst sind wie andere Lebewesen Schwingung, Rhythmus, Takt. Der Herzschlag der Mutter ist der erste, nicht eigene Rhythmus, den ein Fötus im Mutterleib wahrnehmen kann. Unser Herzschlag, der Puls und unsere Atmung begleiten uns das ganze Leben lang, geben unseren ureigenen Takt vor. Sie sind Ausdruck des Lebens, und je nach Gefühlslage können sich Herzschlag und Atmung verändern. Selbst der Gang und die Bewegung spiegeln unseres ganz individuellen Takts.

Musik hat somit viel mit Gefühl zu tun?

Ja. Musik schafft einen Rahmen und ermöglicht, sich in bestimmte Gefühlszustände zu begeben oder solche zu fördern, beispielsweise die Nationalhymne bei Sportveranstaltungen, Filmmusik, musikalische Untermalung bei frohen aber auch traurigen Anlässen. Musik kann somit helfen, bestimmte Stimmungen zu erzeugen, zu fördern und damit auch Gefühle aufzuarbeiten, die mit Hilfe der Sprache schwer oder auch gar nicht bearbeitet werden könnten. Die Verwendung von Musik und Tanz im Rahmen einer Psychotherapie ist nur ein Beispiel, wie man seelische Zustände mit Hilfe von Musik und Rhythmus dem Bewusstsein besser zugänglich machen und bearbeiten kann.

Hilft uns Musik in schwierigen Zeiten weiter?

Durchaus. Gerade in herausfordernden Zeiten, etwa einer Pandemie, ist es besonders wichtig, das eigene Wohlbefinden zu fördern – im Rahmen der Möglichkeiten und ohne anderen zu schaden oder zu gefährden. Dadurch kann man nicht nur die seelische, sondern auch die körperliche Widerstandskraft stärken. Wird negativer Stress abgebaut und Entspannung und Wohlbefinden gefördert, dient dies dem ganzen Menschen und damit letztendlich auch seinem sozialen Umfeld. Denken wir hierbei beispielsweise an die Personen, die zu Zeiten des Lockdowns auf Balkonen für ihre Mitmenschen musiziert haben, um ihnen zu zeigen, dass niemand alleine ist, sondern alle in einem Boot sitzen und man nur gemeinsam diese Situation meistern kann. Wären diese Musiker selbst niedergeschlagen zuhause gesessen, wen hätte das genutzt? Sie haben einen Beitrag geleistet, anderen etwas Gutes zu tun, indem sie musiziert habe und sich wohl auch selbst etwas Gutes damit getan haben.

Schlechtes Gewissen braucht man nicht haben?

Nein. Man kann sich die Frage stellen: „Wem nützt das eigene schlechte Gewissen tatsächlich? Was nützt es einem selbst? Fühlt sich der andere Mensch besser, wenn es einem selbst schlechter geht?“ Musik kann verbinden, sei es, weil sich Menschen finden, die dieselbe Musik lieben, gerne miteinander musizieren, singen oder tanzen. Musik ist oftmals der Grund, warum Menschen überhaupt zusammenkommen und sich dabei bestenfalls auch als Gemeinschaft empfinden.

Die Musiker sind mit großen Eifer bei der Sache. Woher kommt die Freude beim Musizieren?

Freude und eine von innen heraus entstandene Motivation, genannt intrinsische Motivation, sind die besten Antriebsmotoren für das Musizieren, Singen oder Erlernen eines Musikinstruments. Alles, was ein positives, freudvolles und von innen heraus motiviertes Benutzen des Gehirns und damit die Vernetzung der Gehirnstrukturen fördert, kann sich positiv auf die eigenen Fähigkeiten und Begabungen auswirken. Teil eines Chors, eines Orchesters, einer Kapelle oder einer Band zu sein, kann dem positiven Aufbau und auch der Förderung der eigenen sozialen Kompetenz dienen.

Beim letzten Konzert der Militärmusik mit den Florianer Sängerknaben im Brucknerhaus kam es bei einigen Zuhörern zum „Gänsehauteffekt“. Was passiert da?

Musik löst etwas in uns aus, vor allem auch Gefühle. Sie kann helfen, Gefühle entstehen zu lassen, bestehende zu fördern oder abzuschwächen. Die Gänsehaut ist letztendlich eine Form von körperlicher Stressreaktion auf innere oder auch äußere Ereignisse, Situationen oder Reize. Man kann sagen, die Gänsehaut ist eine Form von Antwort auf das eigene Musikempfinden.
Entscheidend ist hier immer die Bewertung: Empfindet man etwas als positiv und aufgrund der eigenen Erfahrung als ungefährlich, kann man sich entspannen.
Die eigene, subjektive Bewertung der Situation ist somit das Entscheidende bei der Bewertung der Gänsehaut.

Würden Sie empfehlen, sich das Konzert anzusehen?

Jeder, der Freude an der Musik und der Teilnahme an dieser Veranstaltung hat, kann von einem persönlichen Besuch positiv profitieren.

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